Dienstag, 4. Juni 2013 - "Ungewissheit in Sedona"

In dieser Nacht hatte ich wie ein Stein geschlafen. Trotzdem wachte ich schon kurz nach 5 Uhr auf. Aber ich fühlte mich fit und ausgeruht. Auch von meinem Schnupfen war kaum noch was zu spüren. Ich kochte mir einen Kaffee und nahm ihn mit nach draußen, um gemütlich eine Guten-Morgen-Zigarette zu rauchen.

Dann kümmerte ich mich erstmal wieder um das Problem mit der anderen Kreditkarte. Die Ursache wurde nun auch hier sehr schnell gefunden: Die Kassiererin im Walmart hatte beim ersten Versuch mit dieser Karte nur einen Betrag von 1 $ eingegeben, was das System als Test für einen Betrugsversuch wertete und die Sperre auslöste. Weiterhelfen konnte mir die Angestellte jedoch nicht.
Ich schilderte Ihr mein Dilemma, dass ich ohne funktionierende Kreditkarten und mit max. noch 3,50 $ Bargeld quasi im Moment festsitze und es einfach ein richtig mieses Gefühl ist, wenn man nicht weiß, wann man wieder liquide ist
Die Trulla von der Bank hatte die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft einer Mesozoikum-Amöbe und meinte nur, niemand kann Einfluss nehmen, wann die Karte wieder funktioniert und wenn ich Bargeld brauche, könne ich es ja per Western Union ordern, da hätte ich es in ein paar Stunden. Auf meine Frage, ob die Bank die Transfer-Gebühren übernimmt, hab ich bis heute keine Antwort erhalten.
Aber sie gab mir noch den Tip, es immer wieder am Geldautomaten zu probieren, ob die Karte wieder funktioniert. Ich erklärte ihr, dass ich die PIN nicht dabei habe, weil ich aufgrund der Gebühren nie mit der Kreditkarte Bargeld am Automaten ziehe. Da erhielt ich nur schnippisch zur Antwort, dass dies ja wohl meine eigene Schuld war. Klar, da hatte sie recht, aber mittlerweile ärgerte ich mich richtig über ihre Hochnäsigkeit Sie war mir so sympathisch wie ein Furunkel am Arsch. Mit inzwischen tundrakaltem Tonfall gab ich den Auftrag, mir eine neue PIN zuzusenden. Ich würde schon einen Weg finden, sie dann auch zu erhalten.

Nun war es aber erstmal Zeit zum Frühstücken. Das Motel Breakfast konnte ich mit meinen eigenen Utensilien zu einem doch recht ansehnlichen Frühstück ausbauen: 2 Scheiben Toast mit Putenbrust und Käse, Beton-Eier, Joghurt, Gemüsesticks, O-Saft und Kaffee.

So gestärkt würde ich mich nun bald auf den Weg machen. Vorher kramte ich aber noch bissl in meinem Gepäck rum. Das dauert am Anfang immer etwas, bis dann alles an der Stelle ist, wo es auch hingehört. Die Kühlbox wurde noch mit den im Gefrierfach gekühlten Akkus bestückt und gegen 8.30 kam ich dann endlich in die Puschen.

Nach dem ganzen Trouble der vergangenen Tage wollte ich mich erstmal an der Natur erfreuen. Ich fuhr nach Sedona und bog dort auf die Schnebly-Hill Road ab. Ich steuerte jedoch nur den ersten Parkplatz an, denn ich hatte mehrfach gelesen, dass die restliche Piste mehr als rau ist und das Fahren keinen Spaß macht. Ich lief ein wenig umher und genoss die herrlichen Ausblicke.

Der Himmel wölbte sich kristallblau und die Sonne ließ jetzt schon erahnen, dass es ein sehr heißer Tag werden würde.

Dann ging es weiter zur Chamber of Commerce, denn dort gibt es ein Visitor Center und ich wollte mir zwei Red Rock Tagespässe kaufen. Jetzt würde es also wieder spannend werden, ob hoffentlich eine Kreditkarte wieder funktioniert. Diese blöde Ungewissheit!
Ich erkor den ältesten Angestellten zu meinem Verkäufer, in der Hoffnung, großväterliche Instinkte zu wecken, damit ich wenigstens keine schiefen Blicke bekomme, wenn die Zahlung nicht klappen sollte. Und ich erzählte ihm auch gleich von der Misere, in der ich mich befand, dass es passieren könne, dass ich unverrichteter Dinge, also ohne Red Rock Pässe, wieder abziehen muss. Das war so unangenehm, ich kam mir richtig asozial vor

Aber das Zahlgerät schnurrte wie Karlie, wenn er eine Maus mit nach Hause bringt, und ich konnte erleichtert ausatmen. Wenn es länger gedauert hätte, wäre ich bestimmt wegen Luftnot in Ohnmacht gefallen. Entwarnung konnte ich mir selber jedoch noch nicht geben, denn der Betrag belief sich ja gerade mal auf 10 $ und bei solchen Kleinbeträgen könnte es vielleicht doch sein, dass die Karte trotzdem funktioniert.

Nun wollte ich jedoch endlich mal bissl auf Tuchfühlung mit den geliebten roten Steinen gehen und den kurzen Marg's Draw Trail unter die Sohlen nehmen. Ich wollte vom Trailhead an der Sombart Lane starten. Die zu finden war nicht so einfach, weil der Abzweig irgendwie bissl versteckt liegt bzw. der Koloss King Ransom Hotel einfach ablenkt. Es wurde also mal wieder ein Dreherle fällig - war aber kein Problem bei den ganzen Kreisverkehren hier.

Der Trail war kurz, aber die Ausblicke waren wirklich sehr schön.

Einzig störend war der durchdringende "Gesang" der Zikaden. Fürchterlich laut und schrill. Bei zwei Sträuchern, die rechts und links vom Trail standen und deren Äste eine Art kleinen Baldachin bildeten, war es besonders heftig. Ein richtiges Höllenkonzert! Und dann hopste mir so ein Teil auch noch vor die Füße Das war für mich eindeutig das Zeichen zum Umdrehen.

An der Chapel of the Holy Cross fuhr ich noch mal fix raus. Hier war die Hölle los, aber ich ergatterte den letzten Parkplatz. Mir ging es dabei gar nicht um die Chapel, ich wollte nur die schönen roten Felsen knipsen.


Und bei der Rückfahrt wurde noch ein weiterer Fotostopp an einem Parkplatz entlang der SR179 fällig. Die Ausblicke waren einfach zu schön

Gegen 12.30 Uhr war ich zurück am Motel. Ich recherchierte noch bissl wegen dem Kreditkarten-Gedöns und ging dann für eine gute Stunde an den Pool. Das Wasser war herrlich erfrischend, denn die Sonne hatte die Quecksilbersäule nun auf 90 F steigen lassen.

Dann war es Zeit, eine Rechnung zu begleichen, denn das jetzige Vorhaben war vor zwei Jahren dem Regen zum Opfer gefallen: der Sycamore / Red Rock Loop.

Zurück in Sedona, bog ich auf die Dry Creek Road und später auf die Boynton Pass Road ab. Die Fahrt machte Spaß, die Bebauung nahm ab, die roten Felsen kamen immer näher. Es war wunderschön, in dieses Tal einzutauchen.

Leider war schon bald ein Drängler hinter mir... Aber ich ließ mich nicht drängeln, sondern überholen und genoss einfach die vielen Fotostopps, zu denen mich die herrliche Umgebung immer wieder verleitete.

Ich fuhr nicht den gesamten Loop und habe das Stück FR 525 & Red Canyon Road, welches zurück zum Highway 98A führt, ausgelassen. Dies sah deutlich holpriger aus und ich hatte keine Lust auf das Gehoppel. Ich hatte schon leichte Kopfschmerzen.

Und die Entscheidung hatte den Vorteil, dass ich die Strecke nun noch mal aus der anderen Richtung sehen konnte, was erneut zu diversen Fotostopps führte

Eigentlich war mein Plan, so gegen 17.30 ins Relic's zu gehen - nur als ich dort vorbei fuhr, war der Parkplatz bereits um 17 Uhr sowas von gerammelt voll, da hatten sich die Leute schon gegenseitig zugeparkt. Nee, das brauch ich nicht, zumal ich ja noch immer kein Bargeld hatte und nicht wusste, ob die KK funktioniert. Das Problem war ja noch nicht gelöst. Es ist eine Sache, evtl. Einkäufe wieder zurück ins Regal zu stellen, aber wenn man bereits gegessen hat und dann nicht zahlen kann, wird es mega-peinlich

Aber dann kam mir der rettende Gedanke : Normalerweise nehme ich mein "normales" Portemonnaie nie mit, sondern tüte immer nur KKs, Perso und Führerschein in den Urlaubsgeldbeutel um. Dieses Jahr war ich irgendwie in Hektik und hatte meinen Alltagsgeldbeutel auch mitgenommen. Und da hatte ich noch eine Sparcard drin, die hab ich schon so lange, den PIN wusste ich noch. Also fix ins Motel und auf der Webseite der Bank nachgeschaut, ob ich mit der Sparcard hier was anfangen kann. Und siehe da, es geht. Bei bestimmten Banken kann ich 12x pro Jahr Bargeld abheben, ohne dass Gebühren anfallen. Noch fix bei Google geschaut - klasse, gleich an der nächsten Kreuzung war so eine Bank. Also nix wie hin - und es klappte alles wie geschmiert

Endlich wieder flüssig, konnte ich mir nun auch ein richtiges Abendessen gönnen. Die letzte richtige warme Mahlzeit hatte ich ja am Sonntag kurz nach dem Start in Stuttgart...
Das Auto ließ ich am Motel stehen, denn schräg gegenüber war der PJ's Village Pub, in dem auch schon meine lieben Forum-Freunde Willy und Hedy gewesen sind. Es ist eine nette Sportsbar, die von Einheimischen gut frequentiert ist - das ist ja immer ein gutes Zeichen.
Ich bestellte mir erstmal eine Margarita und studierte dann die Speisekarte und die Gerichte auf den Tischen der andern Leute. Endorphine fluteten in meine Blutbahn!
Ich entschied mich für Spare Ribs mit French Fries. Als dann das Essen gebracht wurde und ich die Menge sah, kam mir der Gedanke, ob ich anschließend einen Kollaps erleiden würde. Diagnose "plenus venter" - hoffnungslos überfressen...

Als sich die Bedienung später erkundigte, ob ich noch was trinken will und ich sie nach einer Bierempfehlung fragte, stellten wir fest, dass wir beide Deutsche sind. Da haben wir immer wieder mal bissl getratscht. Ich klagte Ihr natürlich auch mein Pech mit den Kreditkarten und entschuldigte mich schon vorher, falls die Karte nicht geht. Aber es hat geklappt! Wenigstens bei einer Kreditkarte hatte ich nun die Gewissheit, dass sie wieder funktioniert

Gegen 21 Uhr war ich wieder im Motel und habe erstmal meinen Sonnenbrand verarztet. Trotz LSF 30 und 50 hatte es mich erwischt.

Ausgestattet mit dem Netbook, Zigaretten und einem kühlen MGD setzte ich mich noch ein wenig nach draußen und meldete mich im Forum und per Mail bei meinen Freunden.
Endlich war ich richtig in Urlaubsstimmung.

Es war schon wieder einiges nach 23 Uhr, als ich das Licht ausknipste.

Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 73