Dienstag, 11. Juni 2013 - "Glück gehabt!"

Der innerliche Wecker klingelte um 6.30 Uhr. Ich kochte mir einen Kaffee und nahm ihn mit nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Dort wurde ich von einem recht böigen Wind empfangen.

Das Frühstück im Days Inn konnte man eigentlich vergessen, irgendwie hat nichts zusammengepasst und der Waffelautomat war komplett belagert. Daher gab es für mich nur ein Mini-Zimt-Bagel mit Cream Cheese, zwei Becher Kaffee und einen O-Saft.

Kurz vor 9 Uhr verließ ich Torrey. Das Thermometer zeigte 67°F und es war noch immer recht windig. Auf der SR 24 fuhr ich gen Osten. Nach dem Abzweig der Notom Road ändert sich die Landschaft langsam. Die farbigen Felsen und die üppige grüne Vegetation wird immer weniger und bald ist man von den Badlands der Caineville Mesa und den Blue Hills umgeben.

Um 10 Uhr sagte ich erstmal meinem alten Freund, dem Factory Butte, "hallo".

Hier war es jetzt wieder viel wärmer, 82°F, und der Wind hatte deutlich nachgelassen. Es war wieder richtig angenehm.

Kurz vor Hanksville lauerte dann eine Baustelle. Die fraß bestimmt 20 min, da ging erst ewig gar nix und dann tauchte irgendwann ein Follow-me Auto auf, hinter dem die sich mittlerweile gebildete Kolonne dann herzuckelte Daher war es dann auch schon 10.30 Uhr, als ich in Hanksville am Postamt anhielt, um die geschriebenen Postkarten in den Briefkasten zu werfen.

Und dann bretterte ich Meile um Meile auf der SR 24 nach Norden und verließ später den Highway Richtung Goblin Valley. Dies war jedoch nicht mein Ziel. Kurz bevor man im weiteren Verlauf nach links zum Goblin Valley abbiegt, bog ich nach rechts auf eine Gravelroad ab. Nun folgte ich dem Track, den ich mir heute morgen noch auf das GPS Gerät geladen hatte. Kurz vor dem Ziel machte die Piste dann eine Kurve und das vor mir liegende Stück sah recht schmal aus. Da werde ich immer unsicher, ob es noch Wendemöglichkeiten gibt, falls die Strecke schlechter werden sollte. Ich war max. noch 300 m vom Endpunkt entfernt, da parkte ich Mausi lieber und lief das kurze Stück.

Mein erstes Highlight des Tages war der Temple Tower.

Und der sah einfach klasse aus, wie er dort so fragil auf einer kleinen Anhöhe thronte, von der Sonne angestrahlt wurde und sich gegen den tiefblauen Himmel abzeichnete

Auch wenn es eher eine Nachmittagslocation ist, hat es mir dort ausgezeichnet gefallen, denn man findet dort auch weitere interessante Felsen. Die knipste ich dann auf dem Rückweg zum Auto.

Gegen 11.40 Uhr machte ich mich auf die Rückfahrt und donnerte dann wieder auf der SR 24 nach Süden. In Hanksville tankte ich fix und um 12.20 Uhr bog ich auf den Hwy 95 ab.

Nach 20 Meilen folgte nun das nächste Highlight des Tages: Little Egypt. Dort war ich ja schon mal, aber ich finde, auch ein zweiter Besuch ist lohnenswert. Vergnügt streifte ich zwischen den Knubbeln, Gnomen und Hoodoos umher und machte jede Menge Fotos.

Als ich die Kamera mal wieder in die Tasche stecken wollte und vor dem Ausschalten zufällig auf das Display sah, leuchtete mir ein weißes Bild entgegen... Mein Magen machte einen nervösen Hüpfer. Sch... was war nun passiert Hektisch drückte ich mich durch die aufgenommen Fotos durch - alle weiß! Kamera kaputt? Nein, ich hatte das Rädchen versehentlich auf den M-Modus gedreht und dann fotografiert, ohne irgendwas einzustellen. So waren alle überbelichtet... weiß... Ok, hier in Little Egypt würde ich einfach noch mal eine Runde drehen, aber der Temple Tower... In Gedanken sah ich mich schon wieder zurückfahren Mit einem bangen Klumpen im Magen drückte ich immer weiter zum Tagesanfang durch. Und dann kam die Erleichterung, ich muss den Kamera-Modus auf dem Rückweg vom Temple Tower zum Auto verstellt haben, denn von dieser Ecke fehlten nur ganz wenige Fotos. Glück gehabt!

Dann drehte ich wieder vollkommen entspannt die kleine Runde durch Little Egypt einfach ein zweites Mal.

Zurück am Parkplatz machte ich noch eine Gatorade-Zigaretten-Pause und es war fast 14 Uhr, als ich wieder den Teer des Highway 95 unter den Reifen hatte.

Ich wusste, dass ein Teil der 95 schön sein soll. (Ja, ich musste 41 Jahre alt werden und es bedurfte 14 USA-Touren, bis ich endlich mal den Hwy 95 gefahren bin!).

Aber auf das, was nun kommen sollte, war ich irgendwie überhaupt nicht vorbereitet.

Die ersten Meilen nach Hanksville waren noch recht eintönig und ich ging immer davon aus, dass es quasi bis kurz vor den Lake Powell so weitergeht. Aber weit gefehlt! Schon kurz danach verlief die Straße nun wie in einem kleinen Canyon aus sanft gerundetem gelbem Fels. Später, kurz nach dem Abzweig der SR 276, wurden die Felswände rechts und links der Straße immer höher und die Farbe wechselte nach rot.

Ich war begeistert Die Strecke ist der Wahnsinn, das muss man gesehen haben, das kann man auf Fotos gar nicht rüberbringen. Ich war überwältigt und konnte nur noch staunen.

Dann bekamen die Felsen das terrassenförmige Aussehen von Tafelbergen.

Ich kam mir vor wie bei einem Tennis-Match, denn mein Kopf flog von einer Seite zur anderen. Und wenn das mal nicht der Fall war, dann schüttelte ich den Kopf, weil ich kaum glauben konnte, was ich um mich herum erblickte.

Danke, lieber Gott, dass es solche Strecken gibt

Ich hab ewig für die Strecke gebraucht, denn ich bin, glaub, mehr am Rand gestanden, als dass ich gefahren bin. Und wenn ich gefahren bin, dann max. 50 mph (erlaubt sind oft 65), damit ich auch ja genug Zeit zum Gucken habe. Die Landschaft ist einfach grandios, monumental und für mich absolut überwältigend. Das ist MEIN Amerika

Aber bei der Namensgebung bei einzelnen Felsen hätte man wirklich mehr Sensibilität haben können. "Cheese Box Butte" - wie blöde. Hätte man da nicht auf was Ursprünglicheres, Biblisches zurückgreifen können?

Und so bummelte ich vor mich hin. Immer ca. 10 bis 15 mph weniger als erlaubt. Damit ich ja nix übersehe!


Ab dem Natural Bridges NM wurde die Landschaft etwas eintöniger. Hier befand man sich auf einer Art Hochebene. Rechts und links Bäumchen, die spektakulären Felsen waren erstmal weg. Da gab ich dann auch wieder Gas.

Hier waren überall offene Weiden und das Gras unmittelbar an der Straße schien am besten zu schmecken. Ich musste mehrmals bremsen, weil eine Kuh genau an der Straße stand und fraß. Nicht dass die dann unberechenbar auf die Fahrbahn läuft...

Um 16.15 Uhr machte ich eine Pause am Parkplatz zum Trail zur Butler Wash Ruin. Ich überlegte, ob dort hinlaufe, aber der Trail hatte kaum Schatten und so groß ist meine Liebe zu Ruinen dann doch nicht.

Aber es gab ein paar nette Kakteen zum Knipsen.

Um 16.45 endete der Hwy 95. Ich fuhr weiter auf dem Hwy 191 nach Norden und erreichte ca. 30 Minuten später mein Tagesziel Monticello. Aus Dummdusel heraus fand ich das Monticello Inn Motel auf Anhieb, es war kein Dreherle erforderlich

Vor einigen Zimmern standen die Pick-ups der Arbeiter von den Gasanlagen, von denen es in der Umgebung einige gibt - da durchfuhr mich erst ein Schreck der Erinnerung ans Sage-Motel in Vernal. Aber der Schreck war absolut unbegründet, wie sich sehr schnell herausstellte.

An der Rezeption stand die Inhaberin persönlich und ich plauderte eine ganze Weile mit ihr. Sie war supernett, versorgte mich mit einer wirklich schönen Info-Broschüre der Ecke und gab mir einen schönen Tipp für meine morgige Fahrt. Sie konnte reden, als könnte sie ohne Luft zu holen die Bibel vorlesen. Aber wirklich auf eine sehr, sehr nette Art.

Das Motel war zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber sauber und auch der Außenbereich gepflegt. Die Möbel in meinem Zimmer waren bestimmt nicht die modernsten und auch etwas zusammengewürfelt, aber trotzdem hatte das auch irgendwie einen gewissen Charme. Nur der Schrank, auf dem der kleine Kühlschrank steht, macht einen sehr wackeligen Eindruck. (Er hielt aber durch, solange ich dort logiert habe.)

Zum Abendessen fuhr ich zum MD Ranch Cookhouse. Der Kellner war ein "kalifornischer Surfer-Sunnyboy-Stereotyp" und überfreundlich. Meine Frage nach einem Bier musste er zu meinem Bedauern verneinen, denn das Restaurant hat keine Alkoholausschanklizenz. Er bot mir an, dass ich mir im Liquor Shop nebenan ein Bier hole und es dann hier trinke - aber so dringend hatte ich das Bier dann auch wieder nicht. Das kühle Wasser schmeckte auch. Ich verspeiste einen sehr leckeren Cheeseburger, die French Fries waren selbstgemacht und auch sehr gut. Einziger Minuspunkt: Der Kellner umschwebte meinen Tisch wie ein Hubschrauber in Wartestellung und ich wurde ständig gefragt, ob es schmeckt, ich noch ein Wasser, Ketchup, Mayo oder sonst was brauche. Selbstverständlich immer gerade dann, wenn ich einen Bissen im Mund hatte Dabei entblößte er jedes Mal mindestens ein Dutzend mehr Zähne, als für ein freundliches Lächeln notwendig ist. Er war wirklich bissl lästig in seiner Aufmerksamkeit

Gegen 19.30 Uhr war ich zurück im Motel und machte es mir nach dem Duschen mit einem Bier auf der Veranda vor dem Zimmer gemütlich. Das hatte ich in Torrey gestern so richtig vermisst. Gegen 21 Uhr kam die Chefin raus und hat die ganzen Pflanzen draußen gegossen. Da haben wir dann auch noch etwas geplauscht, denn sie fand es schön, dass ich es mir draußen so bequem gemacht habe. Auch heute war es schon wieder nach 23 Uhr, als ich dann unter die Bettdecke schlüpfte.

Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 262

Info-Seite: Temple Tower